Zwei Banker, beide am Rand des Hahnenkamms aufgewachsen und kirchlich engagiert, er Kommunalpolitiker, zwei Söhne, Haus in Wettelsheim – das klingt nicht gerade nach einem besonders närrischen oder gar skandal­trächtigen Faschingsprinzenpaar wie etwa heuer in Nürnberg. Manuela und Matthias Strauß lassen es lieber ruhig angehen. Dabei sitzen die Tollitäten in einem besonderen Jahr auf dem Narrenthron der Treuchtlinger Karnevalsgesellschaft (KGT): Zum 66. Mal haben die “Rotröcke” heuer die Macht in der Altmühlstadt übernommen. Mit seiner CSU war Matthias Strauß dies vor drei Jahren noch verwehrt geblieben.

Man mag den Christsozialen gelegentlich Alleinherrschaftsfantasien unterstellen. Trotzdem entscheiden am Ende die Wähler, was auch Matthias Strauß hinnehmen musste, als er 2014 Rathaus­chef Werner Baum (SPD) bei der Bürgermeisterwahl unterlag. Bei der KGT geht es jedoch nicht so demokratisch zu. Bei den Treuchtlinger Narren entscheiden nämlich nur Präsident und Hofmarschall, wer Prinzenpaar wird.

Und so wusste der spätere Prinz Matthias II. (sein namensgleicher Vorgänger Matthias Faulhaber regierte 2000/01 und ist heute Vizepräsident) auch sofort was Sache ist, als „die beiden Markusse“ (Präsident Markus Bartel und Hofmarschall Markus Ruff) an einem Mittwochabend Ende Oktober in Wettelsheim vor seiner Haustür standen. „Ich saß gerade an meiner Steuererklärung und im Fernsehen lief Fußball“, erinnert sich der 48-jährige Sparkassenbetriebswirt noch genau.

Ehefrau Manuela war noch unterwegs und wunderte sich beim Heimkommen, „wer da so bescheuert vor unserer Einfahrt parkt“. Drinnen habe sie dann „zum ersten Mal an unserer eigenen Wohnzimmertür geklopft“. Als sie sah, wer da zu später Stunde mit ihrem Mann auf sie wartete, brauchte auch die 45-jährige Bausparberaterin keine Erklärung mehr.

Wie schon einige andere Prinzenpaare vor ihnen, sind Manuela und Matthias Strauß keine Mitglieder der KGT. Doch Fasching mochten sie schon immer. Manuela, die in Auernheim groß geworden ist, organisierte früher bei der Raiffeisenbank den Weiberfasching und liebt es, „mich so zu verkleiden und zu schminken, dass mich niemand erkennt“. In ihrem neuen Job als strahlende Prinzessin wäre das allerdings fehl am Platz. Prinz Matthias, der in Markt Berolzheim geboren ist, ging dagegen früher am liebsten auf den „Schlafwandlerball“ am Rosenmontag, „weil man sich da gerade nicht schminken musste und immer wusste, was man trägt“.

Beide Hoheiten verbindet, dass sie gern tanzen und seit 2013 mehr und mehr zu Stammgästen bei den Bällen und Sitzungen der KGT wurden. „Die haben auch gesehen, dass das für uns kein politisches Pflichtprogramm ist, sondern uns echt Spaß macht“, glaubt Matthias Strauß. Umgekehrt hätten die beiden „Markusse“ auch sie „nicht erst überreden müssen“.

Letzteres ist angesichts der rund zwei Dutzend Veranstaltungen, die die Tollitäten während der Jubiläumssession besuchen müssen, keine Selbstverständlichkeit. „Man muss sich schon gut organisieren“, erklärt Manuela Strauß. Andererseits arbeite die KGT „extrem professionell“, und Hofmarschall Markus Ruff „klärt alles für uns, sodass wir nur ab und zu in den Kalender und auf WhatsApp schauen müssen“. Trotzdem seien sie ihrem Marschall schon zweimal versehentlich davongelaufen. „Wir sind halt noch unerfahren und kennen die Hierarchien und Rituale nicht“, entschuldigen sich die beiden Hoheiten.

Ihr türkisfarbenes Kleid hat Prinzessin Manuela zusammen mit ihrer Schwägerin selbst gestaltet. Angefertigt hat es eine Schneiderei nahe Augsburg, die ansonsten Opernhäuser in aller Welt ausstattet. Der diesjährige Prinzenorden zeigt das Namens­tier des Ehepaars Strauß nebst ihren Vornamen, den Schriftzügen „KGT“ und „Session 2017“, der Zahl 66 und zwei Fischköpfen als Symbol für die Verbundenheit der Tollitäten mit der Kirche. Künstler und KGT-Senator Eduard Raab hat ihn entworfen. Und beim Rathaussturm trug der Elferrat sogar Straußenfedern an den Hüten.

„Wenn man den Fasching hier nicht erlebt hat, hat man sowieso ein völlig falsches Bild“, meint Matthias Strauß. „Viele denken, es geht nur ums Verkleiden. Die festlichen Prunksitzungen in Treuchtlingen kennen die meisten nicht.“ Und so kommen auch Onkel, Tanten, Patenkinder und Cousinen bis aus Rosenheim an die Altmühl, um ihre „blaublütige“ Verwandtschaft in Aktion zu erleben.

„Stolz wie Oscar“ auf seine hoheitlichen Eltern ist nicht zuletzt Sohn Elias (8). Als „kleiner Prinz“ hat er sogar seine eigene Prinzenmütze. Beim Kinderfasching verwandelt er sich allerdings lieber in einen Drachenzähmer. Sein großer Bruder Jonathan (18) nimmt den Rummel um seine Eltern dagegen gelassen. Bei ihren Auftritten ist er aber immer gern dabei.

Bisheriger Höhepunkt der Session war für Manuela I. und Matthias II. der „Prinzenflug“ bei der Nürnberger Luftflotte. Als eines von nur drei Prinzenpaaren hatten sie das Losglück, auf den Rundflug mitgenommen zu werden. Und der führte wetterbedingt auch noch direkt nach Treuchtlingen und über den Landkreis. Bei der traditionellen „Neidhammelsitzung“ trafen die beiden Wettelsheimer außerdem Bayerns ehemaligen Ministerpräsidenten Günther Beckstein und Innenminister Joachim Herrmann.

Ansonsten hat Matthias Strauß, der vor drei Jahren versprochen hatte, auf Wunsch der CSU noch einmal fürs Bürgermeisteramt zu kandidieren, die parteipolitische Brille aber „beim Rathaussturm an der Garderobe abgegeben“. Und das genieße er. Weniger begeistert ist Ehefrau Manuela vom Schlafdefizit infolge der langen Ballnächte. „Wir saugen das alles auf wie ein Schwamm und brauchen unseren Schlaf, um all das Erlebte zu verarbeiten“, sind sich beide Tollitäten einig.

Die „fünfte Jahreszeit“ in Treuchtlingen geht weiter, und zwar am Samstag, 4. Februar, mit der ersten traditionellen Prunksitzung mit Musik von Rudi Schraufstätter. Beginn ist um 20.11 Uhr, Einlass in die Stadthalle um 19 Uhr.

Auszug aus dem Treuchtlinger Kurier vom 02.02.2017 / TK – Patrick Shaw