Eine mit 400 Personen belegte und damit restlos ausverkaufte Stadthalle, eine förmlich nach Frohsinn schmachtende Narrenschar und ein tolles Programm zur Prunksitzung der Karnevalsgesellschaft (KG) Treuchtlingen: Über vier Stunden jagte am Samstagabend ein Höhepunkt den nächsten. Mit dieser Sitzung hat sich die Altmühlstadt als Karnevalshochburg empfohlen.

Gleich zum Start beeindruckt eine Lasershow-Premiere, bei der die Lichter einer Choreografie erst auf einen Bühnenvorhang treffen und dann auf die Hallenwand. Krachend fällt plötzlich der Vorhang zu Boden, und KG-Präsident Patrick Geiger taucht als Lichtgestalt auf der Bühne auf.

Nur einer will es nicht wahrhaben, dass seine coronabedingte, dreijährige Amtszeit nun tatsächlich zu Ende ist: Ex-Prinz Florian Kohler. Er beschimpft die neue Prinzessin Sven-ja Görke als „Sven-nein“. Außerdem habe der neue „Prinzenwicht“ (ihr Ehemann René) „bestimmt nicht mein Kampfgewicht“. In der Tat sprengt Kohlers „Prinzenrolle“ dessen Hose und Weste. Aber er gibt nicht auf und klebt sich „als Prinzenaktivist“ am Bühnengeländer fest.

Doch dann gibt er den neuen Regenten endlich den Weg frei – und mit ihnen den verschiedenen Tanzgruppen. Im Laufe des Abends toben die Kindershowtänzer als Matrosen über die Bühne, die Kindermarschtanzgarde mit stolzen 20 Tänzerinnen begeistert durch ihre verschiedenen Formationen und die Juniorengarde als Feuerwehr.

Zwei Auftritte gilt es für die Prinzengarde hinzulegen – einmal in ihrer ureigenen Funktion, das andere Mal wiederum beim Schautanz zum Thema „Queen“, bei dem das Tanzensemble vor allem die Videos der Rockgruppe gekonnt parodiert. Während Alleinunterhalter Rudi Schraufstetter es wagt, auf seinem Keyboard die Hymne „We will rock you“ mit dem Volksrockklassiker „Rock mi“ in eine Suppe zu werfen.

Auch die Auftritte der Tanzmariechen Clara und Valentina stehen den vorangegangene Auftritten in nichts nach. Urkomisch gerät eine besondere „Stadtratssitzung“, bei der das Gremium sich um die Grundsteuererklärung der Kommune müht. „Müssen da die Wasserflächen der Altmühltherme auch berücksichtigt werden?“, fragt man sich da zwischen Gipsarm und chronischen Bauchschmerzen. Immerhin lernt der Rat so „die Fremdsprache Behördendeutsch“. Auch in der kommenden Session soll es wieder „Neues aus der Hauptstraße 31“ geben.

Komikerin Claudia Bill ist in Treuchtlingen keine Unbekannte mehr. Die Essenerin hat einen Franken geheiratet, der nur einen schweren Fehler hat: „Er kommt aus Weißenburg!“ Amüsant findet sie es, wenn der hiesige Dialekt etwa auf Gemüsehändler trifft, etwa mit der Frage; „Habt ihr kann Dill do?“

Bevor es zu frivol wird, entert aber das Prinzenpaar die Bühne, wo René die angeborene preußische Zunge durch einen Schluck Bier fränkisch gelöst wird, bevor er mit Prinzessin Svenja einen Prinzenwalzer bewusst „verhunzt“, um dann gekonnt mit flotten Tänzen zu begeistern. Einen Tanz, den Bürgermeisterin Kristina Becker als frischgebackene Ehrensenatorin erlebt.

Enorme Biegsamkeit und die Fähigkeit, der Schwerkraft zu trotzen, beweisen Maxi Strobl, Niklas Kopsa und Alex Strobl als die drei „KG Tenöre“. Bevor der Oberpfälzer Josef Piendl alias „Bäff“ als Gstanzlsänger alles durch den Kakao zieht, was er findet. Was er als Humorist denn so mache, sei er an der Grenze zur Tschechischen Republik einmal gefragt worden. „Auf der Bühne stehen und Blödsinn reden“, lautete seine Antwort. Daraufhin sagte der Grenzer: „Ah, du Bürgermeister!“ Ob Bankchef oder Landrat – jeder bekommt sein eigenes, improvisiertes „Gstanzl“- und die Prinzessin sogar ihr Höschen zurück!

Oliver Tissot als Nürnberger „Lachverständiger“ und Wortakrobat setzt noch eins drauf. Diesmal mit Lob für die Bürgermeisterin. Sie sei in der Corona-Krise ein Diener gewesen: ein „Kris-Diener“. Zugleich bedauert er aber, dass der „Schäff“ hier nun nicht mehr „Chef“ ist. Aber dann werde eben bald „Aldimühltaler“ getrunken. Was die hohe Politik anbetrifft, frage er sich, warum man bei dieser Ampel gerade bei Grün bremsen müsse.

Dann ist alles in Prinzenhand. Der Märchenprinz der EAV tobt als rüstiger Senior über die Bühne, Ex-Prinz Wolfgang Herrmann gibt den Ex-Regierungschef Edmund Stoiber, der den „Apostel Paulaner aus der Bibel zittert“ und über die Weißenburger Dauerbaustelle der „Mogadischu-Therme“ lästert. Die Ex-Prinzen „schuhbladln“ und rocken, „bis die Hose kracht“ (Kohler).

Auszug aus dem Treuchtlinger Kurier vom 06.02.2023 / TK – Jürgen Leykamm