Was braucht es, um in der “fünften Jahrezeit” Bürgermeister zu sein? Der Treuchtlinger Karnevalsgesellschaft zufolge sind es Heimatwissen, Trinkfestigkeit, eine lockere Hüfte – und ein Regierungsprogramm. Was sich die Narren darunter vorstellen, bekamen die Bürger beim Rathaussturm zu hören.

So plädiert Prinz Florian I., der im Bürgermeisterbüro erst einmal aufräumte und die verstaubten Akten aus dem Fenster warf, anstelle der Parkraumüberwachung für eine Schleierfahndung nach Eindringlingen aus der Nachbarstadt Weißenburg. Denen werde man alle Meterstäbe abnehmen, mit denen sie die Flächen von Treuchtlinger Geschäften nachmessen könnten, versprach er mit Blick auf die Querelen um den Outdoor-Laden an der Heusteige. Außerdem wolle sich die närrische Truppe für mehr Schlammpackungen in der Therme statt Schlammschlachten im Stadtrat einsetzen, einen Winkel-Sprecher für das gleichnamige “Brennpunkt-Wohngebiet” ernennen sowie den Bau des geplanten Hotels vorantreiben – als Kater-Asyl nach den Faschingsbällen.

Prinzessin Jacqueline I. schloss sich mit Plänen zur Erweiterung des Schambacher Kindergartens (in dem sie arbeitet) und für einen Handtuch- und Bademantelverleih am begehbaren Brunnen auf dem Wallmüllerplatz an. Insbesondere stehe sie aber als gebürtige Weißenburgerin (“eine Mischehe, die heutzutage unvorstellbarer ist, als wenn junge Mädchen aus Gundelsheim einen evangelischen Freund nach Hause bringen”) für mehr Völkerverständigung mit dem ungeliebten großen Nachbarn.

Ja, die Kreisstädter. An denen arbeitete sich das Prinzenpaar auch bei seinen Vorschlägen für den zeitweiligen Ruhestand des amtierenden Rathauschefs ab. “Wasser, Weißenburg, Wahlkampf”, laute der tägliche Albtraum von Bürgermeister Werner Baum. Dagegen helfen würden vielleicht ein VHS-Kurs “Leben ohne Rechtsklagen” oder die Bücher “Hilfe, meine Toilette spült mit Trinkwasser!” und “Großer Bruder, kleines Herz – Städtepartnerschaft in Franken”. Der Motorsägenlehrgang zum “Baum-Fällen” sei allerdings bereits ausgebucht – unter anderem von Teilnehmerinnen mit doppeltem Doktortitel (Baums Kommunalwahl-Konkurrentin Dr. Dr. Kristina Becker).

Prinzen-Familie ließ Rathauschef keine Chance
Immerhin mit dem Mineralwasser-Streit haben die Karnevalisten während ihrer Regentschaft in den nächsten sechs Wochen nichts am Hut. “Wir trinken nur Bier, Wein und Nikolaschka”, so ihre Devise. Ihre Trinkfestigkeit mit letzterem (Weinbrand mit Kaffee und Zitrone) bewies Prinzessin Jacqueline anschließend im Duell gegen Rathauschef Baum – das dieser ebenso verlor wie das Heimatwissen-Quiz gegen Prinz Florian und das Hula-Hoop-Wettkreisen gegen deren Tochter Luisa.

Baum selbst, der sich erfolglos zwischen den Doppeltüren des kleinen Rathaussaals vor den Narren versteckt hatte, bemängelte seinerseits den nicht amtsgemäßen Kleidungsstil des Prinzenpaars und verschenkte ein altes Jacket – um sich dann selbst in Karnevals-Montur zu werfen und als Ersatz-Prinz anzubieten. Der KGT als neuem Herrn im Rathaus trug er auf, sich mit Konfetti-Lochen um Nachhaltigkeit zu kümmern und mit dem Zahnarztbohrer von Elferrat Rainer Haubner die Bohrung des Dattelbergtunnels zu starten – natürlich alles zum Wohle des klammen Stadtsäckels. Die finale Übergabe des Rathausschlüssels hätte er freilich ohne die Ermahnung der närrischen Truppe fast “vergessen”…

 

Auszug aus demTreuchtlinger Kurier vom 12.01.2020 / TK-Patrick Shaw